Isabelle Kromer, Kromer Service AG, haben Sie Mut….?

Ein persönliches Gespräch über Führung und Emotionen in einem traditionellen Familienunternehmen.

Isabelle Kromer ist ein Familienmitglied der Lenzburger Kromer Gruppe. Im Gespräch mit Claudia Ott reden wir über Führen zwischen Leidenschaft und Vernunft in ihrem Alltag bei Kromer Services AG.

Die Kromer Gruppe ist ein Familienunternehmen seit über 120 Jahren. Welche Funktion und welche Aufgaben gehören in deinen Aufgabenbereich?
Kromer AG gibt es seit 1898. Kromer Services AG ist ein Teil der gesamten Kromer Gruppe, die ab 1.7.2017 neu aufgeteilt wurde. Kromer Services AG ist ein reiner Dienstleistungsbetrieb, alles was Liegenschaften anbelangt. Meine Funktion ist, diese zu erhalten und zu entwickeln, Immobilien Unterhalt und Planung von Renovationen.

Wie setzt sich die ganze Kromer Gruppe zusammen?
Die Kromer Print AG ist seit 01.07.2017 im Neubau Gexi Lenzburg. Ein schöner Neubau welche die Besitzerin Kromer AG am 18.08.2017 eröffnete. Die Kromer Gruppe umfasst ca. 110 Mitarbeiter. Davon arbeiten in der Kromer Services AG mit mir 5 Mitarbeitende. Organigramm

Die Führungsspanne erstreckt sich über 5 Mitarbeitende, was in der Theorie, an der unteren Grenze liegt.
Genau dieser Themenbereich beschäftigt mich im Moment. Struktur und deren Prozesse sind entscheidend.

Wie hast du die «Führung» als Kind, als Jugendliche, im Elternhaus, in der Schule erlebt?
Ich habe eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder. Ich war also im Sandwich, ohne Position und ohne Funktion. Das ist nicht negativ gemeint. Man kann pendeln, mal nach oben oder unten. Mal den Kleinen führen oder selber geführt werden. Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich einiges mitbekommen als Kind. Mein Vater führt eher im Patron-Stil. Unsere Generation ist in diesem Führungsstil nicht mehr führbar, wir sind anders erzogen worden. Von den Lehrern und Vorgesetzten habe ich verschiedene Strategien gesehen. Laissez-faire oder nicht. Bei manchen Personen hat das funktioniert und bei anderen eben gar nicht.

Du hast Führung gelernt und erlebt bei deinem Vater. Was hast du für dich mitgenommen, dass du in deinem Führungsalltag umsetzen kannst?
Er führt wie er ist. Ich führe wie ich bin. Für mich sind Mitarbeitende um mich herum wichtig, die zu meinem Führungsstil passen.

Dann hast du schon seit jeher früh bewusst beobachtet und selber erfahren was Führung bedeutet?
Genau. Auch als Mitarbeiterin konnte ich beobachten und selber merken wie es ist, wenn man geführt wird. Was findet man gut, was nicht.

Wie erlebst du die Zusammenarbeit mit deinem Vater als Vorgesetzten und Geschäftspartner?
Im Jahr 2004 startete ich bei meinem Vater in der Kromer Services AG, mit dem Ziel, ihm Arbeit und Aufgaben abzunehmen und ihn zu entlasten. Für mich kam dann irgendwann der Entscheid, was will ich jetzt. Unseren geschäftlichen Weg haben wir in den letzten 14 Jahren zusammen erarbeitet und entwickelt. Zuerst war er Chef und ich Angestellte. In den Entwicklungsphasen wechselten wir uns manchmal auch ab, dann war er zuerst im Entwicklungsschritt, dann wieder ich. Aber immer auf dem gemeinsamen Weg mit konkretem Ziel. In den 14 Jahren Zusammenarbeit haben wir strategisch viel aufgegleist und überarbeitet. Wir sind aber auch an Grenzen gestossen. Mein Vater und ich wissen wo wir uns ergänzen, Limiten erfahren und dann weitergehen.

Wie ist für dich die Nachfolgeregelung mit der Verbindlichkeit gegenüber der Familie abgelaufen?
Hmm ja… mein Vater hat immer gesagt, ihr müsst nicht. Als Kind hatte ich schon das Gefühl, ich fühle mich verpflichtet. Aber eher emotional als im Kopf. Meine Motivation und das Gefühl, ich gehe meinem Vater helfen, damit er nicht in der Arbeit ertrinkt, das hat mich vor Jahren schon beschäftigt.

Spürst du eine Erwartungshaltung aus der Familientradition?
Nicht gross. Auch keinen Druck oder Last. Das einzige was ich für mich weiss: dass was du hast oder bekommst, das Bewahre und Erhalte. Innovation und wachsen lassen. Vorausdenken. Seit 1898 unser Motto: Heute in das Morgen investieren. Das passiert, weil man sich in einem Familienbetrieb sehr viel mehr verpflichtet fühlt. Aus diesem Grund bleibt man am Ball und ist so viel mehr in der Verantwortung.

Die familiäre Verantwortlichkeit ist die Resonanz auf eure Wertehaltung innerhalb der Kromer Gruppe. Ihr lebt es vor?
Ja genau.

Was braucht es für einen nachhaltigen Erfolg um eine Generationen-Familienunternehmung zu erhalten?
Die Gründerenergie wertschätzen: Erfahrung und auf das Bauchgefühl hören.

Fällt es dir leicht, die Grenzen zwischen Privat und Geschäftsleben zu ziehen?
Für mich gibt es keine Grenzen. Wir leben ein Leben mit, im und um das Unternehmen.

Du bist Mutter und CEO, wie organisiert du deinen Terminalltag?
Ich habe jetzt ein grösseres Büro und habe da eine Familien-/Kinderecke geplant. Die Kinder können nach der Schule zu mir kommen und Hausaufgaben machen, z‘Vieri essen etc. Ich muss jetzt erkunden, wie sich das entwickelt und laufend an die Bedürfnisse meiner Kinder anpassen. Manchmal brauchen die Kinder mehr und manchmal weniger Unterstützung. Wenn man zufrieden ist als Mami passt das auch, dann sind die Kinder auch zufrieden.

Wie setzt du dich für deine Ideen kommunikativ ein?
Ich war immer am lautesten, damit man mich hörte als Kind. (lacht) Mit Nachdruck durchsetzen und Wissen was ich will, ist für mich entscheidend in der Kommunikation. Eine Herausforderung jeden Tag.

Kannst du mit dem Begriff «emotionale Führung» etwas anfangen?
Ja, kann ich… (zögert…). Jein. Ich denke soeben darüber nach.

Führst du emotional und setzt es rational um?
Ich sage dem intuitiv. Aus dem Bauch heraus. Ich führe zielorientiert, in dem ich meinen langjährigen Mitarbeitenden immer kleine überschaubare Ziele setze. Ich bin anständig und will auch so behandelt werden. Akzeptanz, Vertrauen und Wertschätzung ist mir sehr wichtig. Vertrauen, das missbraucht wird, merke ich sofort.

Dein Credo in der Kromer Firmengruppe gegenüber Mitarbeitenden und Kunden?
Im Mittelpunkt steht der Mensch. Volle Akzeptanz. Nicht eine Freundschaft, sondern einfach ein Arbeitsverhältnis mit gegenseitigem Respekt. Wenn etwas nicht stimmt, spreche ich es auch jederzeit an. Ich scheue mich nicht davor. Sie kommen auch zu mir, wenn etwas ist, oder etwas Belastendes da ist. Ich bin auch immer offen für Kritik oder Vorschläge.

Was fasziniert dich, jemanden zu führen?
Die eigene Selbstreflexion und weiterkommen in meinem Aufgabenbereich. Ich merke auch, dass man nicht jeden gleich führen soll und kann.

Was ist belastend an einer Führungsaufgabe?
Die Kontrolle ist für mich eine Herausforderung. Ist alles so gemacht, wie es sein sollte? Fordern ist nicht schwierig, nur versteht der Mitarbeiter auch, was ich will? Was ist zum Beispiel Sauberkeit etc.

Ist das deine Definition? Damit die Mitarbeitenden merken; was mit Sauberkeit gemeint ist? Briefing für alle!
Genau, die letzten 10% sind manchmal schwierig.

Wer sind eure Kunden?
Das sind unsere Mieter. Ich glaube wir lesen uns gegenseitig aus. Von den 4000 m² im Kromer Haus am Unteren Haldenweg in Lenzburg hatten wir 2000 m² in 3 Monaten fremdvermietet. Es ist eine gute Mischung aus Startups und bestehenden KMUs. Die Firmen und Personen haben denselben Drive und Elan wie wir.

Ihr stellt mehr zur Verfügung als die Mieter fordern, ihr denkt auch vorausschauend für eure Kunden?
Ja ich denke schon. Es sind erfolgreiche KMUS und Startups mit tollen Aussichten. Für einen Startup zum Beispiel mussten wir ein Umnutzungsgesuch stellen. Wir haben ihnen diesbezüglich unter die Arme gegriffen und gingen mit dem Startup diesen Prozess. Im Endeffekt waren wir gemeinsam erfolgreich.

Welches ist Deine persönliche Führungsvision?
Mein eigener Führungsstil setzt sich aus verschiedenen Ebenen zusammen. In den vorhandenen Führungsstrukturen ist es mir wichtig, respektvoll im Gespräch zu bleiben und im Umgang Klarheiten zu schaffen, um Ideen und Visionen umsetzen zu können.

Was für eine Führungsphilosophie ist entscheidend für dich?
Es gibt immer eine Lösung. Damit bin ich aufgewachsen und das sage ich auch meinen Mitarbeitern und Kindern. Nicht über Probleme reden, sondern über die Lösung. Vorwärtsstrategie.

Was für eine Führungsphilosophie hast du für die Kromer Gruppe?
Wir haben den Slogan: «Der Mensch steht im Mittelpunkt». Und das passt und ist so! Wir sind nie eine Menge, es ist immer der Einzelne. Wenn das Potential eines Mitarbeiters erkannt wird, unterstützen und fördern wir seine Ressourcen.

Kromer Print AG hat die Tore geöffnet. Der Prozess 4.0. wird bei euch gelebt und umgesetzt, Welche Vorteile entstehen aus dieser Investition?
Das neue Gebäude gibt die Grundlage dafür. Im alten Gebäude am Unteren Haldenweg war das auf vier Etagen zuwenig effizient. Die Kromer AG hat für die Kromer Print AG mit dem Neubau im Gexi ein Industriegebäude nach allen Wünschen und Bedürfnissen erstellt. So dass die „Industrie 4.0“ gebäudetechnisch umgesetzt werden kann.

Was fasziniert dich am «Mut Projekt, Führung» von ottpunkt AG?
Ich finde es spannend, das Thema Führung aus emotionaler Sicht zu sehen. Es ist nicht lehrbuchmässig sondern individuell, sowie wie wir Menschen – jeder ist einzigartig.

Was ziehst du für einen persönlichen Nutzen aus diesem Interview?
Es ist bezüglich Führung eine Selbstreflektion. Aus dieser Erfahrung kann ich mich nachhaltig weiterentwickeln und sehe meine Stärken. Herzlichen Dank!

Claudia Ott dankt Isabelle Kromer herzlich für Ihre Offenheit und die Bereitschaft an unserem «Mut Projekt, Führung» mit zu arbeiten.